Am 20. November wurde weltweit der Internationale Tag der Kinderrechte gefeiert. Der 36. Jahrestag erinnert an die Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen 1989. Dieses Jubiläum bot Anlass, über den aktuellen Stand der Kinderrechte und die heutigen Herausforderungen nachzudenken, insbesondere im digitalen Umfeld. Aus diesem Anlass veranstaltete die London School of Economics (LSE) einen Live-Vortrag. Dieser wurde vom Digital Futures for Children Centre des Departments for Media and Communication in Partnerschaft mit der 5Rights Foundation organisiert. Im Vortrag wurde der neue Bericht „The Impact of General Comment No. 25 in the UNCRC Review Process” vorgestellt, in dem die Einbeziehung und Umsetzung der Allgemeinen Bemerkung Nr. 25 in aktuelle politische und legislative Praktiken bewertet wird. An der Veranstaltung nahmen die Autor*innen des Berichts, Sonia Livingstone und Dr. Kim Sylwander sowie Gerison Lansdown und Gastón Wright teil.
Der Bericht untersucht, wie die Allgemeine Bemerkung Nr. 25 (GC25) im Zeitraum von ihrer Veröffentlichung 2021 bis zum Juli 2025 im Rahmen des Überprüfungssystems der UN-Kinderrechtskonvention angenommen und umgesetzt wurde. Anlässlich des vierjährigen Bestehens von GC25 bietet sich die Gelegenheit, seine wachsende Wirkung zu analysieren. Dabei ließen sich die Autor*innen von folgenden zentrale Fragen leiten: Wie entwickelt sich die Nutzung von GC25? Wo stößt sie auf Widerstände? Wie wird sie von Institutionen gelesen oder interpretiert? Anhand welcher Indikatoren lässt sich messen, ob GC25 echte Veränderungen bewirkt? Wird sie in der Praxis angewandt, hinterfragt oder umgedeutet?
Die Autor*innen kommen zu dem Ergebnis, dass GC25 eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Vorschriften, Richtlinien und Praktiken im Zusammenhang mit den Rechten von Kindern im digitalen Umfeld im Berichtszeitraum gespielt hat. Sie hat Regierungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Regulierungsbehörden einen soliden, auf Rechten basierenden Rahmen für die Begegnung digitaler Herausforderungen, die Kinder betreffen, zur Verfügung gestellt. In diesen vier Jahren hat GC25 sowohl regionale als auch nationale Gesetze beeinflusst und begonnen, das Vokabular und die politischen Konzepte von Gesetzgebenden und Interessenvertretenden zu verändern. Vor allem hat sie dazu beigetragen, digitale Rechte in der allgemeinen Kinderrechtsagenda zu verankern, sodass diese verstärkt in das Bewusstsein von Staaten rückt und von diesen berücksichtig werden kann.
Demnach hat GC25 in mehreren Schlüsselbereichen wesentliche Fortschritte erzielt. Dazu gehören Vorschriften zum Schutz von Kindern, Datenschutzmaßnahmen im Einklang mit der DSGVO, unabhängige behördliche Aufsicht, Richtlinien zur Unternehmensverantwortung, Maßnahmen zur digitalen Inklusion, Rahmenbedingungen für digitale Kompetenz und Bildung sowie Rechtsbehelfsmechanismen für Kinder. Einige Länder, darunter beispielsweise Deutschland, haben begonnen, einen umfassenden rechtsbasierten Ansatz zu integrieren, der den Schutz und die Befähigung von Kindern gleichzeitig zum Ziel hat. Daneben gibt es weitere eindrucksvolle internationale Beispiele, bei denen GC25 einen direkten Einfluss auf die Gesetzgebung hatte:
- Afrikanische Union: Die Child Online Safety and Empowerment Policy berücksichtigt durchgehend die GC25 und passt kontinentale Standards einem rechtsbasierten digitalen Rahmen an.
- Brasilien: Im Jahr 2024 verabschiedete Brasilien das Gesetz 245, das Profiling und gezielte an Kinder gerichtete Werbung verbietet, Maßnahmen zur Sicherheit durch Design und zuverlässige Altersüberprüfung vorschreibt und zur schnellen Entfernung schädlicher Inhalte verpflichtet.
- Irland: Es wurde ein verbindlicher Online-Sicherheitskodex im Rahmen des Online Media Regulation Act eingeführt, unterstützt durch das Büro des Ombudsmanns für Kinder. Dieser dient als Leitfaden für die neue Medienaufsichtsbehörde.
- Indonesien: Im März 2025 hat der Inselstaat die Verordnung zur Online-Sicherheit von Kindern erlassen. Diese schreibt den Schutz von Kindern vor kommerziellen Interessen in elektronischen Systemen vor. Außerdem werden klare Beschwerdemechanismen festgelegt. Dieser Rahmen basiert auf GC25, wurde jedoch an die lokalen Gegebenheiten angepasst.
Trotz der großen Fortschritte bleibt die Umsetzung der Allgemeinen Bemerkung Nr.25 uneinheitlich mit großen Unterschieden zwischen Regionen und Ländern. Staaten mit niedrigem Einkommen oder solche, die von Konflikten betroffen sind, verfügen oft nicht über die technischen oder finanziellen Kapazitäten, um die Prinzipien von GC25 umzusetzen oder durchzusetzen. Auch finden Partizipationsrechte noch nicht hinreichend Berücksichtigung: Kinder werden kaum in die Gestaltung digitaler Politiken einbezogen. Daneben stellen die Autor*innen fest, dass die Umsetzung vorrangig durch die Verwirklichung der Schutzrechte realisiert wird. Dies benachteiligt Aspekte und Rechte auf Autonomie und Teilhabe junger Menschen. In einigen Regionen steht GC25 zudem in Konflikt mit staatlicher Zensur, politischer Kontrolle und kulturellen Normen, was den Fortschritt zusätzlich erschwert.
Obwohl die Allgemeinen Bemerkungen Nr. 25 noch vergleichsweise jung sind, zeigt der Bericht, dass sie bereits auf mehreren Ebenen eine bedeutende Wirkung entfaltet und einen maßgeblichen Referenzrahmen für die Neuinterpretation von Kinderrechten im digitalen Zeitalter bietet. Die bleibende Herausforderung besteht darin sicherzustellen, dass sie zeitnah zu spürbaren Veränderungen im Leben von Kindern beiträgt.
Der vollständige Bericht kann hier heruntergeladen werden.