Am 10. September kam das Internet Governance Forum Deutschland (IGF-D) in Berlin zusammen, um aktuelle Themen und Entwicklungen der Gestaltung und Regulierung des Internets zu beraten. Unter dem diesjährigen Motto „Vertrauen, Verantwortung, Vernetzung: Internet Governance in unsicheren Zeiten“ trafen sich Vertretende aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Technik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Forschung sowie der Jugend in ihrer nationalen Struktur (NRI), um relevante Aspekte mit einer deutschen Perspektive zu reflektieren.
Themen des IGF-D 2025 waren u.a. Auswirkungen geopolitischer Auseinandersetzungen und deren Auswirkungen auf die bestehende digitale Infrastruktur, gesellschaftspolitische Herausforderungen bei Ausbau und Weiterentwicklung dieser Strukturen, bspw. hinsichtlich Ressourcenbedarf und Resilienz, die Wahrung von Rechtsstaatlichkeit angesichts neuer Technologien und (staatlichen) Akteur*innen, welche demokratische Prinzipien nicht priorisieren, die Legalisierung des Aufspürens und Melden von Sicherheitslücken (ethical hacking) oder auch Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit im Domännamensystem.
Am Nachmittag des Konferenztages wurde über das Rechtskonzept der persönlichen Integrität diskutiert. Kathrin Morasch (Landesmedienanstalt Baden-Württemberg), Michael Terhörst (Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten (KidD)) und Grit Lange (netzforma* e.V.) sprachen mit Torsten Krause (Stiftung Digitale Chancen) darüber, ob und wie der Schutz der persönlichen Integrität in Deutschland gelingt. Dabei verwies Michael Terhörst auf die Bestimmungen des deutschen Jugendschutzgesetzes zu Vorsorgemaßnahmen, sowie auf Artikel 28 Absatz 1 des Digital Services Acts (DSA), welcher Anbieter verpflichtet „für ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen innerhalb ihres Dienstes zu sorgen“. Für die Umsetzung dieser Rechtsvorgabe bieten die Leitlinien gemäß Artikel 28 Absatz 4 DSA den Anbietenden konkrete Anregungen und Hilfestellungen.
Über die Sicherung der persönlichen Integrität aus Perspektive der Landesmedienanstalten berichtete Kathrin Morasch. Sie beschrieb einerseits bestehende Meldeverfahren, welche Nutzende digitaler Dienste anwenden können, um Verstöße zu melden, und betonte andererseits, dass die Anstalten auch proaktiv sind und mithilfe künstlicher Intelligenz selbständig mögliche Verletzungen der Rechtsgrundlagen ermitteln um gegen diese vorgehen zu können. Aus feministischer Perspektive regte Grit Lange mit Verweis auf Beispiele digitaler Gewalt an, dass juristische Konzept der persönlichen Integrität auch über den Kinder- und Jugendmedienschutzes hinaus zu denken, da Übergriffe auf persönliche Daten oder deren Nutzung, um Verletzungen oder auch Schäden bei Personen hervorzurufen vielfach auch in der Erwachsenenwelt vorkommen. Darüber hinaus plädierte sie für einen nicht allein defensiven Charakter des Konzeptes, welches den Schutz in den Vordergrund stellt. Vielmehr sehe sie auch die Selbstbestimmung, u.a. bezüglich der Entfaltung und des Ausdrucks von Sexualität im digitalen Umfeld mit dem Konzept verbunden. Dies aufgreifend bat Torsten Krause alle Anwesenden zu prüfen, ob und wie das Konzept der persönlichen Integrität auch in ihren Arbeits- und Fachbereichen Relevanz entfalten könnte und informierte darüber, dass dieses Schutzziel nach dem Jugendschutzgesetz mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag aufgenommen werde.