Medienpädagogische Arbeit in Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe: Das Lokale Netzwerk filmreflex zeigt wie das geht

Zwei junge Menschen, von denen einer mit einer Kamera filmt und der andere Kopfhörer aufhat.
  • Bettina Goerdeler, Initiativbüro "Gutes Aufwachsen mit Medien"

Ob ein lustiges Video, aktuelle Nachrichten oder ein spannendes Spiel -digitale Medien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Im Netz suchen wir nach Informationen, teilen Urlaubsbilder, schauen Filme, spielen ein spannendes Spiel und tauschen uns über das aktuelle Weltgeschehen aus. Insbesondere Soziale Medien nehmen einen hohen Stellenwert bei Heranwachsenden ein, wie die aktuelle JIM-Studie zeigt. Kinder und Jugendliche nutzen Soziale Medien, um das eigene Ich zu erkunden, sich auszuprobieren und soziale Beziehungen zu pflegen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass Eltern, Erziehende und pädagogische Fachkräfte Heranwachsende bei einem guten Aufwachsen mit Medien begleiten, sodass sie selbstbestimmt und kompetent mit digitalen Medien umgehen können. Wie filmreflex, ein Lokales Netzwerk der Initiative „Gutes Aufwachsen mit Medien“, Pädagog:innen sowie Kinder und Jugendliche in Wohngruppen - ob voll-oder teilstationär - der Kinder- und Jugendhilfe unterstützt, hat uns der Medienpädagoge Hannes Spicker erzählt.

Warum Medienerziehung wichtig ist

„Digitale Medien sind Teil der Jugendkultur und daher ist es wichtig, dass ich als Erziehende:r das nicht einfach ignoriere, sondern mich aktiv mit dem Thema auseinandersetze, auch wenn ich vielleicht skeptisch auf das durchschnittliche Mediennutzungsverhalten junger Menschen schaue“, sagt Hannes Spicker. Dabei geht es insbesondere darum, dass Kinder und Jugendlich lernen, wie sie auch im Netz sozial kompetent und respektvoll miteinander umgehen können, denn die Dinge, die wir als Gesellschaft miteinander ausmachen, finden auch digital statt.

Auf Augenhöhe miteinander umgehen

Das A und O für eine gute Beziehungsarbeit ist ein vertrauensvolles Verhältnis und ein ernst gemeintes Interesse für die Dinge, die Kinder und Jugendliche beschäftigen. Dazu zählt, als pädagogische Fachkraft offen und ehrlich zu sein, Kindern und Jugendlichen unvoreingenommen zu begegnen, ihnen zuzuhören und nicht gleich alles zu bewerten. „Nur, wenn ich als Pädagog:in anerkenne, dass digitale Medien und vor allem Soziale Netzwerke zum Aufwachsen dazugehören, kann ich auch entsprechend als Ansprechperson wahrgenommen werden“, erläutert Hannes Spicker. Das bedeutet nicht, alles gut finden zu müssen, was Heranwachsende machen, aber verstehen zu wollen, worin beispielsweise der Reiz bestimmter digitaler Plattformen liegt.

Medienpädagogische Workshops in Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe

filmreflex richtet sich mit seinen medienpädagogischen Workshops an Mitarbeitende in Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe und an Kinder und Jugendliche selbst. „Grundsätzlich schauen wir, welche Bedürfnisse und spezifische Herausforderungen im Umgang mit digitalen Medien vorhanden sind und richten entsprechend unsere Workshops danach aus“, sagt Hannes Spicker.

Meistens geht es in den Workshops mit Mitarbeitenden um grundsätzliche Fragen zur Mediennutzung und darum, wie Kinder und Jugendliche gut unterstützt werden können, um souverän mit digitalen Medien umzugehen. Voraussetzung für eine funktionierende Begleitung ist ein Handlungsleitfaden - eine Art Fahrplan, an dem sich pädagogische Fachkräfte orientieren können. So wird eine Grundlage geschaffen, die ein Rahmen und eine Struktur vorgibt. Gibt es noch keinen Handlungsleitfaden, ist es empfehlenswert, sich in der Einrichtung zu überlegen, welche Strukturen helfen können, um entsprechend handlungsfähig zu sein.

Zudem ist es wichtig herauszuarbeiten, welche möglichen Bedarfe nach Unterstützung es bei Kindern und Jugendlichen gibt und dann entsprechend darauf zu reagieren und über Themen wie beispielsweise Datenschutz, Privatsphäre, Umgang mit Bildern, usw. aufzuklären. „Das wurde früher, als digitale Medien noch keine große Rolle in der Jugendkultur spielten ja auch gemacht, dass über Themen gesprochen und für sie sensibilisiert wurde. Genau darum geht es also, als Erziehende:r zu erkennen, dass ich Kinder und Jugendliche auch im Digitalen unterstütze und begleite“, betont Hannes Spicker.

Im Workshop mit Kindern, Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften geht es - je nach Bedarf und Situation zum einen, darum zu vermitteln, wie digitale Medien als Werkzeuge kreativ genutzt werden können. Hannes Spicker empfiehlt, selbst kleine Projekte durchzuführen, wie zum Beispiel ein gemeinsamer Kochabend in der Wohngruppe, bei dem der Prozess des Kochens durch Fotos via Smartphone und/oder Tablet festgehalten werden kann. Zum anderen geht es darum, über mögliche Herausforderungen der Mediennutzung zu sprechen und für bestimmte Themen wie beispielsweise Cybermobbing, Hate Speech (engl.= Hassrede) oder Kostenfallen zu sensibilisieren. Neben der Vermittlung technischer Einstellungsmöglichkeiten am Smartphone, Tablet oder Laptop, ist es wichtig, Heranwachsenden das nötige Werkzeug an die Hand zu geben, damit sie wissen, wie sie in bestimmten Situationen reagieren können und an wen sie sich wenden können, wenn sie Hilfe brauchen.

Wie Medienarbeit in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe funktionieren kann

„Ich stelle immer wieder fest, dass medienpädagogische Arbeit in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gut funktioniert, wenn der jeweilige Träger von Einrichtungen konzeptuell mitdenkt. Wenn also die Bereitschaft vorhanden ist, sich dem Thema digitale Medien und Mediennutzung zuzuwenden und mit in die pädagogische Arbeit aufzunehmen“, sagt Hannes Spicker. Gut ist es zudem, wenn Träger bzw. die Leitungsebene von Einrichtungen auch vernetzt zusammenarbeiten, ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen und nicht nur in einer Einrichtung medienpädagogisch gearbeitet wird.

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