Beim dritten Netzwerktreffen 2023 traf sich die Smart Hero Community am 11. Oktober zum ersten Mal in diesem Jahr vor Ort in Berlin. Nach einem Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Nyke Slawik im Deutschen Bundestag tauschten sich die Teilnehmenden über verschiedene Themen des digitalen Engagements aus.
Das Netzwerktreffen startete im Deutschen Bundestag: Nyke Slawik, Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90 / Die Grünen und Jury des Smart Hero Award, lud die Community-Projekte zum Gespräch ein. Die Projektvertreter*innen aus der Community bekamen die Chance, ihre Arbeit vorzustellen und mit Nyke Slawik ins Gespräch zu kommen. Zur Sprache kam dabei unter anderem die Bedürfnisse von gehörlosen und hörbehinderten Menschen beim Zugang zu Informationen (u.a. durch öffentlich-rechtliche Formate), die Möglichkeiten, wie NGOs und Engagement-Projekte ihre Anliegen am besten an die Politik herantragen können und Strategien zur zielführenden Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen.
Anschließend versammelten sich die Smart Heroes in den Büroräumen von Meta in Berlin. In einer Videogrußbotschaft betonte Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MdB und FDP-Vorstandsmitglied, Schirmherrin des Smart Hero Award 2022), wie wichtig zivilgesellschaftliche Initiativen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bewahrung unserer Demokratie sind, und dankte den Smart Heroes für ihre Zivilcourage.
Mina Saidze: „Daten sind nicht nur Zahlen, sondern sie sind auch ein Abbild unserer gesellschaftlichen Realität“
Mina Saidze, Gründerin Gründerin von Inclusive Tech und Autorin des Buches „FairTech“, hielt einen Vortrag zum Thema Künstliche Intelligenz und ging auf die Chancen und Risiken sowie Problematiken der bisherigen Entwicklung der innovativen Technologien ein. In ihrem Vortrag thematisierte sie insbesondere den Zusammenhang von Künstlicher Intelligenz und Diskriminierungen.
Künstliche Intelligenz sei per se nicht diskriminierend, sondern eine Momentaufnahme der menschlichen Vorurteile, Biases und Wertegesellschaft. Die meisten Tech-Teams der größten Unternehmen in Deutschland seien durch Homogenität, insbesondere hinsichtlich Geschlecht und ethnischer Vielfalt, geprägt, wodurch strukturelle Probleme, wie rassistische und diskriminierende Softwares, schlichtweg übersehen werden.
„Daten sind nicht nur Zahlen, sondern sie sind auch ein Abbild unserer gesellschaftlichen Realität. Umso wichtiger ist es, dass Datensätze unsere vielfältige Gesellschaft repräsentieren“, betonte sie.
Der derzeit diskutierte EU-AI-Act ist weltweit der erste Entwurf zur KI-Regulierung und soll Unternehmen dazu verpflichten, regulatorische und rechtliche Anforderungen zu erfüllen, ohne dabei den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschlands zu gefährden. Dieser Balanceakt sei nur dann zu bewerkstelligen, wenn Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammengedacht und ethische Fragen in den Vordergrund gerückt werden, um Technologie zum Gemeinwohl und nicht ausschließlich zum Profit zu entwickeln.
Abschließend erwähnte sie, dass eine faire KI auch hervorragend für digitales Engagement einzusetzen wäre. Ihr schwebe zum Beispiel ein KI-Chatbot vor, der Menschen, die gerne ein Ehrenamt ausüben wollen, die passendste Anlaufstelle in ihrer Umgebung heraussucht.
So mobilisiert der Verein Space-Eye auf Social Media
Hans-Peter Buschheuer (Vorstand von Space-Eye e. V., Smart Heroes 2021) thematisierte in seinem Vortrag die Arbeit,die Kanäle und Strategien zur Gewinnung von ehrenamtlichen Helfer*innen und Spender*innen seines Vereins. Space-Eye leistet akute Nothilfe für flüchtende und geflüchtete Menschen im In- und Ausland. Für die Kommunikation mit aktiven Mitgliedern nutzt der Verein eine Facebook-Gruppe und WhatsApp-Gruppe, während für die Kommunikation nach außen Facebook, Instagram und Newsletter zum Einsatz kommen. Der wichtigste Fundraising-Kanal des Projekts ist Betterplace.
Bei der Mobilisierung für neue Projekte setze man auf Kommunikation in drei Schritten: zunächst werde das Projekt intern an Mitglieder über die WhatsApp-Gruppe kommuniziert, bevor es über Social Media Kanäle und Newsletter nach außen bekannt gegeben wird. Im letzten Schritt beziehe man die Presse mit ein. Nichtsdestotrotz sei bei Space-Eye von Anfang an ein Fokus auf digitale Kommunikation gelegt worden. Es zeige sich immer wieder, dass der Kosten-Nutzen-Faktor bei direkter Kommunikation über Socials und Newsletter besser sei und ein größerer Response als bei der Kommunikation über die Presse zu erwarten sei. Die Social Media Strategie lasse sich in vier Punkten zusammenfassen: kurz und prägnant, immer mit Sharepic, einheitliches Look & Feel, emotional.
Im Austausch mit den übrigen Teilnehmenden des Netzwerktreffens wurde herausgestellt, dass sich die Wahl der Plattformen bei Space-Eye gut an die eher ältere Zielgruppe der Vereinsmitglieder anpasst.
Neue Zugänge zu Bildung und Kultur durch immersive Technologien
Marie von Stauffenberg (Meta) ging der Frage nach, wie immersive Technologien Zugang zu Orten und Themen schaffen können und welche Möglichkeiten sie für die Bildung eröffnen. Als immersive Technologien werden verschiedene Devices bezeichnet, die entweder eine komplett digitale Erfahrung schaffen, in der Nutzer*innen in eine virtuelle Welt abtauchen können (Virtual Reality) oder aber die reale Umgebung durch zusätzliche digitale Elemente erweitern (Mixed Reality / Augmented Reality).
Ein Beispiel dafür, wie immersive Technologien neue Zugänge zu Kultur schaffen können, ist die Kooperation mit der Alten Nationalgalerie. Das virtuelle Eintauchen in Gemälde ermöglicht eine neue Perspektive auf bekannte Kunstwerke und kann Kunst einer jüngeren Zielgruppe zugänglich machen.
Zudem stellte Marie von Stauffenberg das Projekt „Tell me, Inge“ vor, das in Zusammenarbeit mit StoryFile entstand. Nutzer*innen können in einer virtuellen Umgebung Fragen an die Holocaust-Überlebende Inge Auerbach stellen und erhalten von ihr eine Antwort. Dabei reagiert die KI auf die Frage und sucht die passende Antwort aus einem Katalog aus aufgezeichneten Videos aus. Hier habe man sich bewusst dagegen entschieden, mit generativer KI zu arbeiten, um ausschließlich authentische, originale Zeitzeuginnenberichte beizubehalten. Das Projekt macht somit die Zeugnisse und Berichte der Generation von Holocaust-Überlebenden immersiv erfahrbar und trägt einen Teil zur Erinnerungskultur bei.
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Nicht zuletzt stelle man sich bei Meta auch die Frage, wie in immersiven Räumen ein demokratischer Dialog sichergestellt werden kann. Dazu wurde das „Projekt Immersive Demokratie“ mit Extremismusforscher Matthias Quent angestoßen, das erforscht, wie virtuelle und erweiterte Realitäten offen, inklusiv und demokratisch gestaltet werden können.
Zusammenhalt und Backbone – die Bedeutung von digitalen Netzwerken
In unserem „Community-Panel“ zum Thema Community-Building und Management tauschten sich Carsta Maria Mueller von Meta, Verena Lammert vom Instagram-Kanal Mädelsabende und Bárbara Zimmermann vom Blog Kaiserinnenreich über die verschiedenen Bedeutungen von digitalen Communities für ihre Arbeit, sowie die erfolgreiche Einbindung und Austausch mit dem eigenen Netzwerk aus. Dabei sprachen sich alle drei für die Einbeziehung der Meinungen und Stimmen der Follower*innen aus, um eine erfolgreiche Online-Community aufbauen und halten zu können.
Verena Lammert betonte, dass ein wichtiger Grund für den Erfolg des Kanals Mädelsabende gewesen sei, die Community von Anfang an klar zu definieren und aktiv mit einzubeziehen. Dazu nutzen sie verschiedene Tools, wie FAQs, Abstimmungen und Online-Befragungen und die goldene Regel, dass kein Kommentar unbeantwortet bleibt. So wussten sie nicht nur, wie sie ihre Community abholen können, sondern auch, wofür sie sich nicht interessieren, wodurch der Kanal stetig wachsen konnte.
Auch beim Blog Kaiserinnenreich spielt die digitale Gemeinschaft eine große Rolle. Die Community kann nicht nur über thematische Schwerpunkte mitentscheiden, sondern sogar ganz aktiv zu Autor*innen des Blogs werden. So führten die Blogbetreiberinnen zum Beispiel das Thema „Urlaub mit Kindern mit Behinderungen“ ein und verschiedene betroffene Familien konnten ihre Urlaubsberichte im Kaiserinnenreich veröffentlichen.
Carsta Maria betonte ebenfalls die Kenntnis über die eigene Zielgruppe für den Erfolg eines digitalen Projekts. Nur so könne man wissen, wie mit der Zielgruppe kommuniziert und sie richtig abholt werden könne. So gäbe es zum Beispiel Social Media Trends, die grundsätzlich für das Wachstum eines Kanals funktionieren würden, aber nicht von jeder Zielgruppe angenommen werden.
Ein Punkt, den die Community mit den Panelistinnen diskutierte, war das Thema Machbarkeit. Vielen Projekten fehle es an finanziellen und zeitlichen Ressourcen, um die Social Media Arbeit perfekt an die Bedürfnisse der Zielgruppe anzupassen.
Diese Sorge konnten Panelist*innen durch ihre Erfahrungen etwas lindern. Die Schnelllebigkeit von Social Media erfordere manchmal einfach, einen Gang runterzuschalten und neu zu definieren und zu analysieren: Wer ist meine Zielgruppe, welche Themen interessiert sie und welche nicht? Wie kann ich meine Inhalte zielgruppengerecht und plattformgerecht kommunizieren und meine Community einbinden?