Wir müssen reden – mit den Kindern! Neue Ansätze der Regulierung im Jugendmedienschutz

Ansicht: Aufruf zur Beteiligung am Programm des IGF 2021
  • Jutta Croll & Torsten Krause

Mit der Novellierung des Jugendmedienschutzgesetzes wurde in Deutschland 2021 die Beteiligung junger Menschen an den sie betreffenden Maßnahmen durch die ihnen garantierten Sitze im Beirat der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz gesetzlich verankert. Während dieses auch internationale Novum gerade auf nationaler Ebene hinsichtlich seiner Wirkungen evaluiert wird, entwickeln sich auf europäischer und internationaler Ebene weitere Ansätze zur Verwirklichung der Teilhaberechte gemäß Art. 12 der UN-Kinderrechtskonvention. Am zweiten und dritten Tag der TrustCon standen Verfahren zur Feststellung von Auswirkungen auf die Kinderrechte (Child Rights Impact Assessment) sowie regulatorische Planspiele (Regulatory Sandboxes) im Fokus.

In der Session „From Risk to Resilience: Mastering Child Rights Impact Assessments“ führte Hannah Darnton von Business for Social Responsibility in die UN-Kinderrechtskonvention ein und verwies auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 25, welche die Umsetzung der Rechte der Kinder im digitalen Umfeld erläutert. Anhand aktueller Regulierungen, wie dem Digital Services Act der Europäischen Union, dem Online Safety Act des Vereinigten Königreiches oder auch dem Kalifornischen Age-Appropriate Design Code erläuterte sie die Notwendigkeiten für Anbietende digitaler Dienste, entsprechende Verfahren durchzuführen. Deren Anwendung sichere eine umfassende Berücksichtigung kinderrechtlicher Belange und gewährleiste so eine frühzeitige Identifizierung möglicher Risiken zur Verletzung selbiger. Diesen könne so gezielt begegnet und damit ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung rechtlicher Vorgaben geleistet werden. Mit der Umsetzung des Kinder- und Jugendschutzes im eigenen Angebot kann so auch Vertrauen gegenüber den Nutzenden, potenziellen Investoren und weiteren Akteur*innen aufgebaut sowie die eigene Reputation gesichert werden.

Mit den Mitte Juli veröffentlichten Richtlinien nach DSA, Art 28 (4) verweist auch die Europäische Kommission explizit auf die Anwendung von Child Rights Impact Assessments. Darüber hinaus werden diese Verfahren ebenfalls im Kontext der nach Artikel 34 und 35 des DSA vorgesehen Risk Assessments, d. h. der von sehr großen Online-Plattformen vorzunehmenden Bewertung systemischer Risiken diskutiert.

Einen weitergehend partizipativen Ansatz verfolgen sogenannte „Regulatory Sandboxes“, die in der Session „A Regulatory Sandbox for Child Online Safety“ praktisch erprobt wurden. Dabei handelt es sich um Planspiele unter Beteiligung aller relevanten Akteur*innen, die eine konkrete Jugendschutzgefährdung simulieren. Die Mitwirkenden – wie beispielsweise Gesetzgeber, Aufsichtsbehörde, Plattformanbietende, Präventions- und Beratungsangebote sowie Jugendliche selbst sind in dem Prozess aufgefordert, die jeweils eigene Perspektive einzubringen und im Austausch realitätsnahe umsetzbare Lösungsansätze zu entwickeln. 

Ein zeitgemäßer Jugendmedienschutz muss die Lebensrealität junger Menschen berücksichtigen und sie dazu befähigen, die Chancen des digitalen Umfeldes für ihre Bildung und Persönlichkeitsentwicklung zu nutzen. Sie einzubeziehen in die Entwicklung regulatorischer Maßnahmen zu ihrem Schutz ist kein „Nice-to-Have“ sondern eine kinderrechtliche Verpflichtung.